Startup plant Flug-Elektroauto: Konzept LEO soll fahren und bis zu 450 km/h schnell fliegen

Fliegende Autos werden uns schon seit langem versprochen, und zumindest als Konzept hat das Start-up Urban eVTOL (UEV) jetzt ein besonders interessantes Exemplar davon vorgestellt: den LEO, ein Elektroauto, das zudem bis zu 400 km/h schnell fliegen können soll. Es soll einmal vergleichsweise erschwingliche 290.000 Dollar kosten und mit relativ kompakten Ausmaßen in die typische amerikanische Doppelgarage passen.

Laut durch viele kleine Antriebe

Die Köpfe hinter UEV, Pete Bitar und Carlos Salaff, sind keine Unbekannten. So haben sie in diesem Sommer 21.000 Dollar bei einem Nasa-Wettbewerb zu Visionen für zukünftigen Luftverkehr gewonnen, und Bitar hat schon verschiedene Vehicle zum Fliegen gebracht. Trotzdem werden die Gesetze des Physik auch für ihren Flugauto-Entwurf gelten. Und das bedeutet, dass er in dieser Form nur schwierig und ineffizient zu realisieren sein dürfte.

Die vielen kleinen Antriebe des LEO haben zwar Vorteile, wenn man an Redundanzen und die heutige Entwicklungsreife von Motoren und Leistungselektronik denkt, aber leider auch erhebliche Nachteile: Sie sind ineffizienter und müssen für genügend Auftrieb eine hohe Luft-Strömungsgeschwindigkeit erzeugen. Weil jeder Motor einzeln angesteuert wird, sind sie im Vergleich zu einem oder wenigen größeren Antrieben auch relativ schwer. Außerdem verfügt der LEO über wenig effektive Tragfläche. Also wird er während des gesamten Reisefluges einen Teil seines Auftriebs wie ein Multikopter erzeugen müssen und damit wesentlich mehr Energie verbrauchen als ein vergleichbar schweres und schnelles Flächenflugzeug.

Darüber hinaus ist fraglich, wie die ganze für den Schwebe- Reise- und Landeanflug nötige Energie in den LEO passen wird. UEV scheint hier noch auf massive Entwicklungsschritte in der Batterietechnik in der Zukunft zu hoffen. Ein wenig realistischer wird das Konzept, wenn man ein Interview mit Pete Bitar im New Atlas Magazin liest: Darin räumt der CEO und Gründer ein, dass die ästhetische Erscheinung für die initiale Präsentation im Vordergrund stand. Ein später fliegender Prototyp werde über eine geänderte Antriebskonfiguration mit größeren Propellern und im Reiseflug verdecken Öffnungen sowie grösseren Flügeln verfügen, sagte er.

Effizienter als Tesla Model 3 SR?

Aber auch dann erscheinen die von UEV genannten 60 kWh Batterie-Kapazität viel zu wenig, um die angepeilten 450 km Flug-Reichweite bei bis zu 400 km/h zu erreichen – so etwas schaffen heute gerade einmal sehr effiziente Elektroautos wie das Tesla Model 3 SR auf der Straße, und das bei WLTP-Tempo. Aber an Ideen mangelt es den Erfindern nicht. Sie planen einen nach hinten drehbaren Pilotensitz, einen Glasboden für gute Übersicht bei der Landung, ein ballistisches Rettungssystem für alle Fälle und Landestoßdämpfer für den Komfort.

Wie das Vermarktungmodell aussehen kann, haben die Entwickler auch schon überlegt: Um Zertifizierungshürden zu umgehen, werden minimal regulierte Länder angepeilt oder auch der Bausatz/Experimental-Markt in den USA. Für die geplanten 290.000 Dollar wäre das gewiss ein interessantes Konzept, wenn die Daten auch nur annähernd erreicht werden. Einstweilen aber klingt an LEO-Konzept vieles zu schön, um wahr zu sein – typisch Flugauto.

Dieser Artikel wurde auch auf dem Teslamag.de publiziert, auf dem ich in Zukunft immer mal wieder e-Aviation Themen aufbereiten werde.
https://teslamag.de/news/startup-flug-elektroauto-konzept-bis-450-kmh-schnell-fliegen-40452

Auftakt für neues Luftfahrt-Zeitalter: DHL Express kauft 12 rein elektrische Flugzeuge

Die Post-Division DHL Express hat zwölf vollelektrische Flugzeuge bestellt und will damit als erster Luftfracht-Anbieter ein emissionsfreies Netzwerk aufbauen. Die Maschinen mit bis zu 815 Kilometern Reichweite sollen von dem israelischen Unternehmen Eviation geliefert werden, teilte Deutsche Post DHL Anfang August mit. Zusammen schreibe man Luftfahrtgeschichte, heißt es in der Mitteilung – und tatsächlich sind das E-Flugzeug namens Alice und sein anstehender Express-Einsatz ein großer Schritt im elektrischen Fliegen.

E-Flugzeug wurde konventioneller

Damit er gelingt, hat Eviation seinen auf der Pariser Luftfahrtschau 2019 vorgestellten Prototypen deutlich verändert. Damals sah das elektrische Flugzeug sehr ungewöhnlich oder jedenfalls innovativ aus, während die aktuellen Computer-Bilder von DHL ein viel klassischeres Design zeigen.

190616EVT_2JML8376
Die Alice Eviation von 2019 auf der Airshow in Paris Quelle: Eviation

Die Wingtip-Propeller und das V-Leitwerk mit seinem Druck-Propeller, die dem ursprünglichen Design zu erheblichen Effizienz-Steigerungen verhelfen sollten, sind einer klassischen Zug-Propeller mit T-Leitwerk-Konfiguration gewichen. So vorteilhaft die Auslegung des Prototypens gewesen sein mag, für eine zeitnahe Zulassung als Luftfahrzeug war sie sicher nicht hilfreich. Neu gegenüber dem ersten Auftritt in Paris ist auch der tropfenförmige Rumpf, der einen Teil des Auftriebs liefert. Auch das Fahrwerk ist in der DHL-Version nun ein klassisches “Bugrad-Fahrwerk”. Hier greift Eviation wohl zugunsten der Serienfertigung und Zulassung auf Altbewährtes zurück.

Rendering der Eviation Alice von 2021, Quelle: Eviation

Die Alice ist nach Angaben des Herstellers das erste Flugzeug mit einer elektronischen Flugsteuerung, die von Anfang an auf einen elektrischen Antrieb ausgelegt ist und von nur einem Piloten bedient werden kann. Mit einer halben Stunde Ladezeit soll etwa eine Flugstunde nachgeladen werden können. Und wenn es die technischen Daten aus der DHL-Pressemitteilung bis in die Realität schaffen, könnte die Eviation Alice tatsächlich der elektrischen Luftfahrt den Weg bereiten – manche Analysten warten nur darauf, dass Tesla sich auch den Flugzeug-Markt vornimmt.

Alice-Erstflug noch in diesem Jahr

Für die Alice nennt Eviation 1,2 Tonnen Nutzlast oder 9 Passagiere bei einer maximalen Reichweite von 815 Kilometern bei 460 km/h. Das ist schon eine Ansage an die Hersteller konventioneller Flugzeuge. Hinzu kommt, dass die Antriebsenergie – Strom in diesem Fall – viel weniger kostet. Außerdem ist ein E-Flugzeug viel leiser, was Landegebühren sparen kann, und wie bei Elektroautos sind niedrigere Wartungskosten zu erwarten.

Der Anfang für eine langfristig CO2-neutrale Luftfahrt, die auch noch Geld spart, scheint also gemacht – oder eher bevorzustehen, denn bis Alice in den Serieneinsatz geht, wird es noch etwas dauern. Der Erstflug ist nach Angaben von Post und Eviation noch in diesem Jahr geplant, die kommerzielle Nutzung durch DHL soll 2024 starten. Beides klingt ehrgeizig, aber nicht unmöglich.

Dieser Artikel wurde auch auf dem Teslamag.de publiziert, auf dem ich in Zukunft immer mal wieder e-Aviation Themen aufbereiten werde.
https://teslamag.de/news/start-neues-luftfahrt-zeitalter-dhl-express-12-voll-elektrische-flugzeuge-40422