Der Microlino: Mehr Lächeln kann man mit Geld nicht kaufen

Was? So viel Geld für ein so kleines “Auto”? Oder kauft man mit dem Geld mehr Lebensqualität als Mobilität? Ist der Microlino wirklich noch “teuer”, wenn man einfach überall angelacht wird, oder ist das schon “unbezahlbar”?

Vielleicht ist er am Schluss einfach sein Geld wert, weil man selbst gute Laune bekommt, wenn man ihn fährt und von allen Passanten dabei angestrahlt wird. Mehr Aufmerksamkeit bekommt man auch in einem sauteuren Sportwagen oder seltenen Oldtimer auch nicht. Aber wie fährt sich die rollende Lebensfreude auf 4 Rädern, die zwischen zwei sympathischen Kulleraugen-Scheinwerfern mit dem lächelnden LED-Tagfahrlicht dahersummt?

Ein Erfahrungsbericht nach 250 elektrischen Kilometern oder knapp einer Woche Microlino-fahren. Vom Familienausflug zu Oma’s Ostereiern, durch schneematschige Sturmböen über die Dörfer und einen Ausflug zum Lago Mio nach Weesen am Walensee über Pässe und Landstrasse, an einem warmen Frühlingsabend.

Paradebeispiel für urbanen Charme

Es gibt Autos, und dann gibt es Fahrzeuge wie den Microlino. (It’s not a Car, It’s an L7e-Leichtfahrzeug)

Schon bei der ersten Begegnung mit dieser Knutschkugel auf Rädern wird klar: Hier steht nicht einfach nur ein Auto, sondern ein Botschafter der Freude. Mit seinem einzigartigen Design (Designed in Switzerland, genau genommen Küsnacht am Zürisee, gebaut in Italien), das nostalgische Elemente mit modernster Technologie verbindet, zieht der Microlino die Blicke auf sich und entlockt Passanten ein Lächeln.

Als ich das erste Mal den Microlino sah, war ich von seinem charmanten Äußeren sofort begeistert. Seine abgerundeten Formen und die knalligen Farben – von Babyblau, Mintgrün über Pink bis hin zu strahlendem Weiß oder Schwarz gibt es auf der Website eine breite Palette froher Farben auszuwählen– Sie verleihen dem Microlino einen niedlichen und zugleich frischen Look, der mich sofort ansprach. Doch der wahre Zauber des Microlino offenbarte sich erst, als ich mich auf meine Fahrten über Landstrasse, Pässe und auch die die Stadt wagte:

Kaum hatte ich die ersten Meter zurückgelegt, wurde mir klar, das dieser kleine Flitzer nicht nur auf mich einen positiven Eindruck, sondern auch auf seine Umgebung hat. An jeder Straßenecke, an jedem Ampelstopp, erntete ich neugierige Blicke und freundliche Gesten. Passanten winkten mir zu, lächelten und winkten. Sobald man den Microlino abstellt und durch die nach vorne öffnende Tür aussteigt, fragten Passanten jeweils sofort nach dem Modell und Details dieses außergewöhnlichen Fahrzeugs.

Kaum rollt der sympathische Winzling auf die Straße, wandeln sich neugierige Blicke in strahlende Lächeln. In einer Welt, in der der Straßenverkehr oft von Hektik und Anonymität geprägt ist, bringt der Microlino eine erfrischende Brise der Freude und Leichtigkeit. Sein niedliches Design und die freundliche Ausstrahlung ziehen positive Aufmerksamkeit auf sich und machen jede Fahrt zu einer Quelle der Lebensfreude. Stellt man sich einen Straßenverkehr vor, der von solch positiven Emotionen geprägt ist, erscheint ein harmonischeres Miteinander plötzlich greifbar. Diese Erfahrung hat im Social Media, genauer gesagt im LinkedIn, einen interessanten Kommentar generiert:

Die Reaktionen während meiner Fahrten – sei es beim Ausflug hoch nach Amden oder runter an den Walensee, zum am Lago Mio – waren überwältigend. Die Leute winkten, lächelten und kamen ins Gespräch. Selbst in engen Parklücken fand der Microlino stets ein Plätzchen, was nicht nur praktisch, sondern auch ein sympathischer Eisbrecher war, wobei man sich unter dem Begriff “Eisbrecher” meistens eher was gröberes vorstellt.

Ein kleiner Riese auf der Straße

Trotz seiner kompakten Maße offenbart der Microlino einen erstaunlich großen Kofferraum, der alltägliche Einkäufe problemlos schluckt. Die helle, breit ausleuchtende LED-Beleuchtung, insbesondere das Fernlicht, entpuppt sich auch auf Landstraßen als zuverlässiger Wegweiser durch die Nacht. Sogar der Blinker stellt automatisch zurück. Das hätte ich so vom Fahrzeug nicht erwartet. Der Wendekreis ist ein wahrer Traum – eine 180-Grad-Wende auf der Straße gelingt mühelos. Die beiden Displays im Auto sind gut ablesbar – auf dem Cockpit-Instrument ist neben dem Tacho die Akku-Anzeige und auf dem kleineren Display sind die Komfort-Einstellungen wie Lüftung, Heizung und Heckklappenentriegelung. Nett gemacht.

Die Spiegel sind zwar nicht elektrisch verstellbar – warum auch, wenn man ohne sich in die Richtung zu lehnen an beide Spiegel problemlos dran kommt. Die Spiegelposition ist nicht ganz optimal einstellbar, der Winkel ist mindestens für mich nicht ausreichend einstellbar und dazu verstellen sich die Spiegel während der Fahrt immer mal wieder nach Bodenwellen, die deutlich zu spüren sind.

Wenn die Schiebe-Fenster mit etwas zu filigraner Verriegelung noch etwas weiter aufgehen würden, könnte man lässig den Arm raushängen lassen, aber für ausreichend Luftzufuhr sorgen sie allemal. Die Heckscheibe ist elektrisch beheizbar.

Licht und Schatten

Doch während die Technik in vielen Bereichen, vor allem der Karosserie, begeistert, trüben Fahrgeräusche und eine oft zu schwache Rekuperation das Gesamtbild. Der Antriebsstrang ist einfach zu laut. Unangenehm laut. Von innen vor allem, von außen fällt das nicht zum Glück nicht auf. Ehrlich gesagt sind die Geräusche der Haupt- und praktisch einzige Kritikpunkt: Beim Beschleunigen gibt es eine Klangentwicklung von zahnend, reibend über heulend; von kreischen bis jaulen und bei Lastwechsel deutlich hörbare metallische Schläge. Beim Beschleunigen erinnert der Sound an Zahnarzt, im Entschleunigen, dem Rekuperieren an Zürcher Tram. Microlino 3.0 wird ein Knaller, wenn der Sound einem e-Mobil würdig ist. Natürlich könnten auch Lüfter und Wischer leiser sein aber da kommt die Bluetooth-Boom-Box noch gut gegen an. Zudem erweist sich der nicht temperierte Akku bei kalten Temperaturen als Achillesferse, was die Nutzung im Winter, insbesondere bei unserem offenen Carport einschränkt. Der Zündschlüssel, der aus dem Zündschloss heraussteht und beim ein- und aussteigen eines Tages mal abbrechen wird und das Fehlen von modernen Annehmlichkeiten wie Keyless-Entry zeigen, dass der Microlino zwar charmant, aber technisch noch ausbaufähig ist. Die Fahrgeräusche rund um den Antriebsstrang bedürfen dringend einer Überarbeitung, um den Fahrkomfort zu erhöhen. Wenn dann noch die Entriegelung des Ladesteckers “instant” reagieren würde, wäre viel gewonnen.

Das Fahrwerk dagegen macht einen vertrauenserweckenden Eindruck. Der Geradeauslauf ist wirklich gut. Auch die V-Max von 90km/h fühlt sich entspannt an. Die Spurtreue ermöglich relativ entspanntes Geradeausfahren. In langsamen, schnellen, weiten oder engen Kurven fühlt man sich soweit sicher und stabil auf der Fahrbahn, auch wenn die Querneigung von aussen spektakulärer aussieht, als man von innen die Befürchtung hat, umzukippen.

Auf meinem Ausflug über eine kurvenreiche Landstraße, durch 30er Zonen in kleinen Dörfern, 50er-Zonen und Passstraßen fährt der Microlino im “Raketen-Modus” (warum sollte man je was anderes wählen?) eigentlich immer ausreichend dynamisch und schnell genug, selbst bergauf ist er kein Verkehrshindernis, solange der Akku über 10% bleibt. Drunter wird es zäh. So richtiges Gokart Feeling kommt trotz des “Momo-Style-Lenkrades” allerdings nicht auf, dafür ist er zu “weich” abgestimmt und am Schluss doch untermotorisiert. Übrigens fuhr mein Test-Microlino Vorwärts- und Rückwärts nicht gleichschnell, wie Kyle im Video unten zeigt – da scheint schon jemand nachgebessert zu haben. Ein Glück.

Lediglich (Not-) Bremsungen erfordern etwas fahrerisches Können, damit das super-kurze Heck nicht doch noch zum Überholen ansetzt. Bei zu schnell angegangener Kurve untersteuert der Microlino mindestens mal in dem Masse unkritisch, wie ich mich getraut habe, mit dem privaten Fahrzeug von Wim’s Frau zu fahren. Ein Elchtest in sicherer Umgebung wäre aber mal spannend. Kippelig fühlte er sich nicht wirklich an eher “lebhaft”, aber ausprobieren will man es dann doch nicht.

Die Sitzbank lässt sich zwar nach vorn- und hinten verschieben, eine Neigungsverstellung fehlt jedoch, was die “Langstreckentauglichkeit” bzw die Beinauflage einschränkt, aber wer will damit schon “Langstrecke” fahren. Bei extremer Kurzstrecke – also dauerndem ein- und aussteigen, ist die nach vorne schwingende Tür zwar praktisch für das “Nasen-Parken” in der Stadt, aber doch etwas umständlich beim ein- und Aussteigen, da man sich doch etwas verwinden muss, um hinter die feststehende Lenksäule zu schwingen.

Auf meiner 240km langen Tour über mehrere Tage, zeigte sich der Microlino als treuer Begleiter durch enge Gassen und über kurvenreiche Landstraßen. Trotz kleiner Mängel im Fahrverhalten insbesondere beim Bremsen, bewies er eine vertrauenserweckende Straßenlage. Die Reichweite von realistisch 100km pro Ladung entspricht den Bedürfnissen des städtischen Pendelverkehrs. Die Ladezeit von 4,5 Stunden für eine vollständige Aufladung bietet auf der einen Seite Optimierungspotential, auf der anderen Seite sind die maximal 2.6kW Ladeleistung perfekt, um mit Einfamilienhausüblichen PV-Anlagen Eigenverbrauchsoptimiert zu laden, auch ohne PV-gesteuerte Wallbox.

Tech Specs

Für die Fakten-Fresser gibt es hier eine gute Übersicht der technischen Daten:

https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/autokatalog/marken-modelle/auto/microlino/

Aber für die ganz neugierigen: Akku: 5.5 kWh (93km), 10.5 kWh (177km), 15 kWh (228km WMTC), wobei der von mir gefahrene 10.5 kWh-Akku mit je nach Temperatur zwischen 2-2.6kW geladen hat und “echte” 100km Reichweite bewiesen hat. Bei ca 10% Akku-Stand wurde der Microlino deutlich zäher in der Beschleunigung und dann auch langsamer am Berg, bis es bei ~8% Akku auf dem Rickenpass mir mit dann noch ~25km/h etwas unangenehm wurde und ich talwärts gedreht habe… 13kW Leistung sind zwar in der Ebene überraschend zügig motorisiert. Für den überraschend schnellen Ampelstart reicht es gut, aber nach ~6s auf 50 km/h wird es bis 90 doch weniger “spritzig”. Die 513kg Leergewicht wollen bewegt werden. (237 kg Zuladung, mehr als bei den meisten 2-Sitzigen Flugzeugen…)

Preis: ~20.000 CHF/EUR – ja, ich weiss. Viel Geld. Aber es gibt auch e-Bikes die zwischen 7.000 und 12.000 EUR kosten und warum sollte ein 2-sitziges e-Fahrzeug mit Heizung, Musik und Sonnendach nicht 20.000 kosten…

Länge x Breite x Höhe: 2.519mm x 1.473 mm x 1.501 mm und damit darf man quer parken.

70 Jahre nach der BMW Isetta, macht der Microlino anders?

Verbesserungen gegenüber dem 70 Jahre alten Grundkonzept der BMW Isetta ist die selbst tragende Bauweise der Karosserie des Microlino 2.0. Der Microlino 1.0 bzw. der Prototyp #1 hatten noch einen separaten Rahmen. Natürlich unterscheidet sich auch der Antrieb, beim Microlino kommt ein Elektromotor zum Einsatz, war doch die Isetta noch mit einem bescheidenen 0,25-0,30l Hubraum mit 8,8-9,6kW Triebwerk ausgestattet.

Das zu öffnende Heckfenster als Zugang zum größeren Gepäckraum ist nun nicht mehr an der Tür, sondern als nach oben öffnende Klappe ausgeführt. Das Lenkrad, bzw die Lenksäule ist ebenfalls nicht mehr an der Tür, wie bei der Isetta, sondern von dieser getrennt ausgeführt. Wahrscheinlich mechanisch einfacher, aber das nun an einer festen Säule befestigte Lenkrad machen den Ein-und Ausstieg nicht wirklich bequemer, sondern eher umständlicher, vor allem wenn der Passagier schon sitzt.

Microlino hat sogar dazu einen eigenen Film publiziert, wie man am besten “in das-” und “aus dem” Fahrzeug wieder herauskommt. Vielleicht wäre der intuitiv zu bedienende Griff wie beim Prototyp doch die bessere Lösung gewesen, als die “Softclose-Touch-Screen-Tasten, aber da hat Microlino wohl aus Sorge um die Langlebigkeit der Komponenten (Display, Lüfter, Heizungen etc) in der Tür gehandelt.”

Die Zulassung L7e als Leichtfahrzeug limitiert die maximale Personenanzahl auf zwei. Während die BMW Isetta in Deutschland noch mit dem “alten” Führerschein Klasse 4 (Kraftfahrzeuge bis 250 ccm Hubraum) – ab 16 Jahren und nur mit theoretischer Prüfung – gefahren werden durfte, erfordert der Microlino als Leichtfahrzeug L7e nun den erst ab 18 erhältlichen Pkw-Führerschein B. Es gibt aber auch eine L6e-Variante des Microlinos, die neben anderen Einschränkungen auf 45km/h limitiert ist.

Wurde die Rundumsicht der Isetta als “sehr gut” beschrieben ist diese im Microlino wegen seiner recht breiten A- und B-Säule (c-Säule gibt es nicht) eher limitiert. Vermutlich hat dieser Designentscheid seine Quelle in den Crash-Vorgaben, wobei Ergonomie oder Ästhetik immer noch stimmig sind.

Microlino FAQ

Wer sich jetzt fragt, ob der Microlino quer parken darf, ob er auf die Autobahn darf oder sich Gedanken zur Sicherheit macht: Es gibt es eine ganze Reihe Fragen, die hier in der FAQ beantwortet werden:

https://microlino-car.com/de/service/faq/allgemeine-fragen

Video-Erfahrungsberichte

Im Youtube gibt es einige Erfahrungsberichte und Tests des Microlinos. Auf Grund der hohen Produktionsqualität des Videos möchte ich zwei Beiträge empfehlen:

In deutscher Sprache
In englischer Sprache, wie gewohnt ein hervorragend produziertes Video von Kyle Conner

Nach diesem Ausflug zu Youtube, zurück zum Ausflug an den See: So schön idyllisch das Lago Mio auch liegt – so bekannt ist es und entsprechend heiss sind die Parkplätze bei gutem Wetter umkämpft. Da aber der Microlino nur 2 Sitzplätze hat, die Familie aber 4 Mitglieder müsste man die Strecke tatsächlich 3x fahren, um alle zu transportieren. Der Zeitvorteil der Parkplatzsuche ist dann natürlich dahin, aber überraschenderweise bleibt der Energieverbrauchsvorteil, den ich mir von ChatGPT habe rechnen lassen:

Energieverbrauch Kleinwagen gegen Microlino

Um vier Personen mit dem Microlino über eine 10km Distanz von A nach B zu transportieren, wobei jede Fahrt einen Passagier mitnimmt (da der Fahrer als eine konstante Person betrachtet wird und der Microlino nur zwei Sitzplätze hat), benötigt es tatsächlich fünf Fahrten, um alle Personen von A nach B zu bringen.

Der Microlino (5kWh/100km) verbraucht für diese fünf Fahrten (50km) insgesamt 2,5 kWh. Daraus resultiert eine Effizienz von etwa 0,625 kWh pro Person für die 10 km lange Strecke.

Für den Vergleich mit dem Kleinwagen über dieselbe Distanz von 10 km:

Der Kleinwagen, der etwa 6 Liter Benzin pro 100 km verbraucht und bis zu 5 Personen befördern kann, benötigt insgesamt etwa 5,34 kWh Energie für diese Strecke (umgerechnet, da 1 Liter Benzin etwa 8,9 kWh Energie entspricht). Dies führt zu einer Effizienz von etwa 1,335 kWh pro Person für die 10 km lange Strecke, da er alle vier Personen in einer einzigen Fahrt transportieren kann.

Der Effizienzvorteil des Microlino gegenüber dem Kleinwagen beträgt demnach einen Faktor von x2.14. Das bedeutet, der Microlino ist immer noch mehr als doppelt so effizient im Energieverbrauch pro Person für die gegebene Strecke von 10 km, selbst wenn fünf Fahrten benötigt werden, um alle vier Personen zu transportieren. Wie lange dieser Transport dann dauert, sei natürlich dahingestellt.

FahrzeugGesamtenergieverbrauch (kWh für 10km, 4 Personen)Effizienz (kWh pro Person pro 10km)Effizienzvorteil (Faktor)
Kleinwagen5.341.3351
Microlino2.500.6252.136
Lago Mio, Walensee bei Weesen, Quelle: https://lago-mio.ch/wp-content/uploads/2014/06/SH103657.jpg

Fazit: Ein Blick zurück und nach vorn

Der Microlino mag auf den ersten Blick wie eine moderne Interpretation der legendären BMW Isetta wirken, doch er ist weit mehr als das. Er kombiniert nostalgisches Flair mit den Ansprüchen urbaner Mobilität und ökologischer Nachhaltigkeit. Die charmante Erscheinung und die emotionale Verbindung, die er mit seiner Umgebung aufbaut, sind unbezahlbar und zeigen, dass der Microlino mehr als nur ein Fahrzeug ist – er ist ein Statement für ein freundlicheres, nachhaltigeres Miteinander auf unseren Straßen.

Insgesamt steht der Microlino exemplarisch für die Idee, dass Fortbewegung nicht nur praktisch, sondern auch herzerwärmend sein kann. Trotz technischer und komfortbezogener Schwächen vermag er es, ein Lächeln auf die Gesichter zu zaubern und damit einen unvergleichlichen Wert zu schaffen, der weit über seine Funktionalität hinausgeht.

Der Microlino ist nicht nur ein Schritt zurück in die Vergangenheit, sondern auch zwei Schritte in eine freundlichere, lebensfrohere Zukunft.

Es ist diese unmittelbare Sympathie, die der Microlino weckt, die ihn so besonders macht. Er ist nicht nur ein Auto, sondern ein Botschafter der Lebensfreude. Für den Besitzer, den Fahrer aber vor allem auch alle anderen Verkehrsteilnehmer. Es macht einfach Spass damit zu fahren. Anders zu sein. Das komplette Gegenteil des SUV zu verkörpern. So viel Sympathie für so ein kleines Auto. Jeder lächelt in dem Auto, jeder lächelt wenn er das Auto bemerkt. Womöglich schenkt so ein Auto mehr Lebensfreude als es “teuer” erscheint. Das alleine ist doch Grund genug, über einen Kauf nachzudenken.

Transparenzhinweis: Das Fahrzeug wurde mir von Wim / Microlino über die Ostertage kostenfrei zur Verfügung gestellt. Weder wurden Honorare für diesen Artikel bezahlt noch waren Bedingungen an diese Testfahrt geknüpft.

Ioniq 6 im Alltagstest

Die vollelektrische Reiselimousine von Hyundai

Zwei Wochen lang hatte ich das Vergnügen, den Hyundai Ioniq 6 – in meinem Alltag zu integrieren. Dieses Auto ist nicht nur ein Statement auf der Straße, sondern auch ein ausgereifter Technologieträger, der zeigt, wie weit Hyundai in der Elektromobilität gekommen ist.

Design: Ein echter Hingucker

Beim ersten Anblick des Ioniq 6 könnte man meinen, Hyundai hätte ein Blind Date zwischen einem Porsche und einem Mercedes CLS arrangiert – und das Ergebnis ist bemerkenswert. Die stromlinienförmige Silhouette mit einem Luftwiderstandsbeiwert von nur 0,21 macht nicht nur optisch etwas her, sondern trägt auch maßgeblich zur Effizienz bei. Die aerodynamischen Feinheiten wie die elektrischen Klappen, Diffusoren und der mögliche Ersatz der Rückspiegel durch Kameras sind nicht nur technische Spielereien, sondern erhöhen auch die Reichweite. Die Mischung polarisiert und nach 14 Tagen tendiere ich dazu, es „schön“ zu finden. Mindestens hebt sich das individuelle Design von der breiten Masse erfreulich ab und ist der bisher windschlüpfrigste in der IONIQ-Familie bei Hyundai. Wenn man dann noch beachtet, das der Windwiderstand im Quadrat zur Geschwindigkeit wächst erreicht man wirklich beeindruckende Verbrauchswerte – vor allem in der Schweiz, wo oft nur 80-100 km/h oder maximal 120 km/h gefahren wird.

Effizienz: Ein Sparfuchs auf der Autobahn

Mit einem offiziellen WLTP-Verbrauch von 15,4 kWh/100 km bei der Allrad-Version zeigt der Ioniq 6, dass Effizienz und Reichweite keine Fremdwörter für Hyundai sind. Über 400 km Reichweite im realen Alltagsbetrieb sind keine Utopie, sondern Realität. Ein Ausflug nach Frankfurt und zurück – insgesamt 800 km – ließ sich ohne Schweißperlen auf der Stirn bewältigen. Die Beschleunigung ist spritzig und die Höchstgeschwindigkeit von 192 km/h wird souverän erreicht, auch wenn das Auto signalisiert, dass da nach dem Abriegeln noch deutlich mehr gegangen wäre. Die Beschleunigung ist wirklich ordentlich (5,1s 0.100km/h) und für eine auf Komfort ausgelegte Limousine mit langem Radstand vollkommen ausreichend, auch wenn ich schon „brachialere“ e-Autos gefahren habe.

Technische Besonderheiten: Von genial bis “Warum?”

Die drei Fahrmodi Eco, Normal und Sport bieten eine nette Spielerei, auch wenn man letztendlich doch bei „Normal“ landet und feststellt, dass die Unterschiede eher subtil sind. Die verschiedenen Motorsounds, die man zuschalten kann, sind eine nette Geste in Richtung Sound-Enthusiasten, auch wenn man sich fragt, wer das wirklich braucht. Der „bis 30 km/h“ Summer ist vom Klang und Lautstärke her angenehmen, ein Glück, denn ich habe nicht herausgefunden, wie der Abschaltbar wäre. Den Knopf dazu habe ich nicht gefunden. Weder im Display noch sonst wo als „Schalter“ im Cockpit. Und von diesen Schaltern hat der IONIQ ganz im Gegenteil zur Tesla-Philosophie tatsächlich einige. Und dazu an verschiedensten Stellen verteilt. Z.B. Fensterheber in der Mittelkonsole und damit leider nicht immer sinnvoll von der Platzierung, oder Funktion: Der EV-Start/Stop-Knopf – eine Hommage an die Verbrennervergangenheit, die eher verwirrt als hilft und dazu noch passende Fehlermeldung über Gangwechsel bereithält. Wenn man das Auto verlässt ohne es abzuschalten, lässt es nicht nicht abschliessen, aber das sind Kleinigkeiten, die sich womöglich später sogar via Software anpassen lassen könnten.

Innenraum: Komfortzone der Extraklasse

Hier zeigt Hyundai, dass Elektromobilität nicht auf Kosten von Komfort gehen muss. Der Innenraum ist geräumig, die Sitze bequem und die Beleuchtung sorgt für eine angenehme Atmosphäre. Die Kommunikation des Fahrzeugs mit seinem Fahrer ist allerdings manchmal etwas zu enthusiastisch, besonders wenn es um Warnungen und Hinweise geht.

Multimedia und Konnektivität im Hyundai Ioniq 6: High-Tech für die Straße

Im Herzen des Hyundai Ioniq 6 schlägt eine moderne Multimedia- und Konnektivitätszentrale, die Fahrer und Passagiere gleichermaßen begeistert. Standardmäßig an Bord ist ein Navigationssystem, das nicht nur mit Echtzeitverkehrsinformationen aufwartet, sondern auch die Planung von Ladestopps nahtlos in die Routenführung integriert. Für Musikliebhaber ein echtes Highlight: Das serienmäßige BOSE-Soundsystem in der UNIQ-Ausführung, bestehend aus acht Lautsprechern inklusive Subwoofer, verspricht ein akustisches Erlebnis der Extraklasse.

Die Anbindung des Smartphones erfolgt mühelos über Bluetooth, ergänzt durch zwei USB-C-Anschlüsse vorne – einer für Daten und Laden, der andere ausschließlich zum Laden – sowie zwei weitere Ladeanschlüsse im Fond. Die Topausführung verwöhnt zusätzlich mit einem V2L-Adapter, der das Anschließen von 230-V-Geräten an der Ladebuchse ermöglicht, während eine integrierte 230-V-Steckdose unter der Rücksitzbank für ständige Stromversorgung sorgt.

Nicht zu vergessen: Die serienmäßige induktive Ladeschale und die Möglichkeit, das Smartphone via Android Auto und Apple CarPlay zu verbinden – wobei letzteres ein USB-Kabel voraussetzt, was den Nutzen der induktiven Ladefunktion für manche Anwendungen einschränkt.

Darüber hinaus ermöglicht die zugehörige App den Fernzugriff auf zahlreiche Fahrzeugfunktionen, von der Überwachung bis zur Steuerung aus der Ferne. Das Navigationssystem bleibt mit Online-Verkehrsinformationen und Kartenupdates, die über die eingebaute SIM-Karte bereitgestellt werden, stets auf dem neuesten Stand. Leider vergisst das Auto immer mal wieder Einstellungen (i-Pedal, Warntöne etc) und auch das Handy musste ich mehrfach neu koppeln.

Nicht alles was glänzt, ist Gold

Trotz aller Lobeshymnen gibt es auch Kritikpunkte. Das autonome Einparken gleicht eher einem technischen Kammerspiel als einer Zeitersparnis. Bei meinem Test hat das Fahrzeug über 3 Minuten versucht in eine sehr grosszügige Parkbox rückwärts zu manövrieren und hat dann auch noch zwischendurch aufgegeben. Der Frunk bietet gerade so genug Platz für das Ladekabel, und das Multimedia-Display hatte leider seine Aussetzer und der Boot-Vorgang dauert manchmal länger als die ersten 200m Fahrt. Ärgerlich wenn man rückwärts ausparken möchte und dann auf die Kamera verzichten muss, da der Bildschirm noch nicht aktiv ist. Die Ultraschall-Sensoren funktionieren jedoch. Doch wenn man den richtigen Ladepunkt findet, offenbart der Ioniq 6 seine wahre Stärke: Ladeleistungen von bis zu 231 kW zeigen, was technisch möglich ist.

Fahrstabilität des Hyundai Ioniq 6: Sicher und souverän auf jeder Straße

Der Hyundai Ioniq 6 zeichnet sich durch eine beeindruckende Fahrstabilität aus, die ihm ein sicheres und festes Fahrgefühl verleiht, selbst bei hohen Geschwindigkeiten. Der Geradeauslauf ist tadellos, unterstützt durch einen langen Radstand, der nicht nur zur Stabilität beiträgt, sondern auch entspanntes Fahren ermöglicht. Dank des effizienten Allradantriebs bietet der Ioniq 6 exzellente Traktion, selbst auf rutschigen Untergründen, wobei Schlupf kaum ein Thema ist.

Das Fahrverhalten bleibt auch in anspruchsvollen Situationen sicher, mit minimalem Untersteuern, das lediglich bei deutlich überhöhter Geschwindigkeit in Erscheinung tritt. Das Fahrzeug lässt sich leicht und mit geringem Aufwand lenken, wobei es durchaus möglich ist, Kurven dynamisch und flott zu nehmen.

Das LED Licht ist hell und von angenehmer Lichtfarbe. Die Fernlicht-Automatik blendet die entgegenkommenden Fahrer nicht und ist im Aufblende-Verhalten eher defensiv und spät. Dazu gibt es leider keinerlei Kurvenlicht, was ich gerade rund um meinen Wohnort mit all seinen Serpentinen, vermisst habe.

Unter der Haube: Technologie trifft auf praktische Überlegungen

Mit 77,4 kWh ist das Auto zeitgemäss ausgestattet und langstreckentauglich. Wer viel auf der Autobahn fährt, wird jedoch das mitgelieferte 230V-Steckdosen-Kabel nicht nutzen, das bleibt für Notfälle und Hotel-Tiefgaragen ohne Wallbox im Frunk. Apropos Wallbox: In etwa acht Stunden ist der Akku bei 11 kW wieder voll. So lange schlafen auch viel-beschäftige Geschäftsreisende. Doch die richtige Begeisterung kommt beim Schnellladen: Dank des 800-V-Systems dauert es unter idealen Bedingungen nur 19 Minuten, um von 10 auf 80 Prozent zu kommen – vorausgesetzt, man findet eine entsprechend leistungsfähige Ladesäule. Porsche, EnBW, FastNet etc haben da einiges im Angebot. Hyundai hat auch an kalte Tage gedacht und ermöglicht eine Vorkonditionierung des Akkus für das Schnellladen, insofern der Schnellladers als Ziel im Navi gewählt wird. Schade kann man die Ladestationen im Navi nicht nach Leistung sortieren, sondern nur nach Distanz vom Standort.

Mit voller Batterie verspricht der Ioniq 6 eine Reichweite von etwa 465 km, die bei bedachter Fahrweise noch übertroffen werden kann. Doch das Raumwunder hat auch seine Tücken: Mit einer Länge von fast 5 Metern und einem Wendekreis, der Stadtmanöver zur Geduldsprobe macht, zeigt sich der Ioniq 6 von seiner sperrigen Seite, obwohl die Park-Piepser und Kamers sehr guten Überblick verschaffen. Hervorzuheben ist die Zuladung, die mit 367 kg eher auf dem Niveau eines Kleinflugzeuges liegt (und die sind eigentlich immer überladen!) als auf dem einer Reiselimousine. Vier Erwachsene plus Gepäck verkraftet der IONIQ nur knapp. Für Fahrradfans interessant: Die optionale Anhängerkupplung hält auch zwei Pedelecs ohne Probleme.

Ein weiteres Highlight ist die optionale Vehicle-to-Load-Funktion, kurz V2L, die es dem Ioniq 6 ermöglicht, andere Geräte oder sogar Elektroautos mit Strom zu versorgen. Beim I.D.3 hat das geklappt, die Renault Zoé wollte den Strom aus dem IONIQ nicht. V2L ist ein echtes Plus für diejenigen, die gerne unabhängig bleiben und ihre Off-Grid-Berghütte oder die Camping-Ausrüstung betreiben wollen.

Kofferraum des Hyundai Ioniq 6: Praktisch mit Einschränkungen

Der Hyundai Ioniq 6 bietet mit einem Standardvolumen von 405 Litern einen großzügigen Kofferraum für eine Mittelklasse-Stufenhecklimousine. Durch Umklappen der Rücksitzlehnen lässt sich das Volumen auf bis zu 760 Liter erweitern, unterstützt von zusätzlichem Stauraum unter dem Kofferraumboden und im Frunk. Jedoch erschwert die hohe Ladekante von 75 cm und eine 15 cm hohe Stufe zwischen Ladekante und -boden das Be- und Entladen sperriger Gegenstände.

Die Öffnung des elektrisch betriebenen Heckdeckels fällt relativ klein aus, was das Verladen großer Objekte limitiert. Größere Personen müssen zudem aufpassen, sich nicht den Kopf an der Klappe zu stoßen. Die Rücksitzlehnen können nur vom Kofferraum aus umgeklappt werden, ohne dass sie selbsttätig fallen und geben dann eine mässig grosse Öffnung frei. Eine Durchlademöglichkeit für z.B. Ski, fehlt gänzlich. Kleinere Gegenstände lassen sich in einem Fach unter dem Laderaumboden verstauen, während praktische Ablagemöglichkeiten wie Taschenhaken oder Gepäcknetze nicht vorhanden sind.

Zusammenfassend vereint der Kofferraum des Ioniq 6 ein gutes Basisvolumen mit praktischen Erweiterungsmöglichkeiten, sieht sich jedoch mit einigen Nutzbarkeits- und Flexibilitätseinschränkungen konfrontiert.

Fazit: Der Hyundai Ioniq 6 – Ein Technologiebündel mit exklusivem Design

Nach zwei Wochen intensiver Nutzung und knapp 2000 km auf dem Tacho kann ich sagen: Der Ioniq 6 hat gezeigt, dass Hyundai in Sachen Elektromobilität ganz vorne mitfährt. Ein Auto, das begeistert, polarisiert und letztendlich im Alltagsbetrieb überzeugen kann.

Offizielle Website von Hyundai mit allen technischen Daten:

https://www.hyundai.com/ch/de/modelle/ioniq6.html

Hier der Ad-Hoc x-Thread, den ich über die 14 Tage mit meinen Erfahrungen geschrieben habe:

Transparenzhinweis: Hyundai / Astara haben mir das Fahrzeug für 14 Tage im Rahmen meines Keynote-Speaking Engagements für die Astara kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Update e-Fliegen

Podcast sind ein wunderbares Format. Themen wirklich in der Tiefe und im Detail besprechen. Das Internet hat ja Platz:

Wer ein Update zur Markt- und Technologie-Übersicht im Bereich elektrisches Fliegen hören mag, wer die Standard-Frage auf meinen Vorträgen “Wann fliegen wir elektrisch in die Ferien” beantwortet haben möchte und dazu noch einen kleinen Ausflug zur Strategie von Lucid Motors hören möchte:
Mein Beitrag im e-Mobility-Podcast “E-Movotionvon Jerome Brünelle:

E-Movotion, Podcast mit Jérôme Brunelle (60 Minuten)
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Im Podcast-Audio-Format werden gerne mal mehrstündige Diskussionen geführt, die oft sehr kurzweilig zu hören sind. (Sonst kann man ja immer noch “skippen” oder das ganze auf 1.5x Geschwindigkeit hören) Oft kann man nebenher ja noch Dinge wie Auto fahren, aufräumen, Wäsche falten erledigen. Doppelte Effizienz sozusagen. In diesem Falle aber nicht nötig – die Sendung geht nur eine Stunde.

Wenn dann Podcasts noch im Interview-Format produziert werden, der Gastgeber oder in diesem Falle die Gastgeber ebenfalls Experten in dem Thema sind und professionell durchs Gespräch führen, wird es eine richtig gelungene Sendung, wie die oben. Wenn dann sie Sendung sogar noch von einem ehemaligen Radiomoderator geführt wird, der nicht nur Sprache sondern auch die Technik im Griff hat (also die Sprache immer, die Technik fast immer) dann kommen da wirklich schöne Sendungen bei raus, die es Wert sind, gehört zu werden.

Soll ich euch ein Geheimnis verraten? Ich habe die Sendung nochmal komplett durchgehört. Nicht nur, um die Audioqualität zu checken sondern auch um zu prüfen, was ich so gesagt habe. 🙂

Wenn ihr über die Episode diskutieren wollt, ihr findet einen Thread dazu in meinem LinkedIn und Twitter:

Hintergrund zum Podcast und warum der jetzt E-Movotion und nicht mehr Electrify-BW heisst:

Ihr mögt Podcasts?

Eines meiner Allzeit-Lieblings-Podcasts ist, bzw war CLEANELECTRIC, mit dessen Team mich ja einiges verbindet. Dazu durfte ich als einer der am häufigsten eingeladenen Gäste in den Sendungen teilnehmen – schaut mal im Archiv, da habe ich 8 Episoden zu spannenden Themen mit produzieren dürfen:

Wie man ein bekannter Zukunftsforscher wird?

Wie man Zukunftsforscher wird

Man suche sich eine Nische, in der man sich ein bisschen auskennt, ein Netzwerk hat und die technischen Hintergründe im Großen und Ganzen versteht. Dazu noch ein paar verrückte Sommer-Projekte wie Weltrekord-Versuche oder e-Flight Challenges, nimmt Einladungen zu Podcasts, Kongressen, Messen und Events wahr, hält Vorträge die gut ankommen, neugierig machen, motivieren und inspirieren. Jetzt noch mit dem Ausblick und den Abschätzungen über zukünftige Entwicklungen nicht immer daneben liegen und schon entwickelt sich über die Jahre sowas wie Glaubwürdigkeit. Der Blog hier ist ein schönes Beispiel dafür, hier kann man inzwischen einige Jahre alte Beiträge heraussuchen und prüfen, wie sich die Realität entwickelt hat. Im Bereich e-Mobilität lag ich oft richtig.

Wenn man das dann ein paar Jahre so macht, ergibt die Google-Suche dazu noch ein schönes Bild darüber, was man so erreicht hat:

So wird man offenbar ein “bekannter” Zukunftsforscher. Mindestens mal für die regionalen Medien. Was mich übrigens sehr freut. Schaut mal: Titelseite.

Hier der Link zum ganzen Artikel:

https://www.linthzeitung.ch/wirtschaft/megatrends-zum-fruehstueck-zukunftsforscher-sorgt-frueh-am-morgen-fuer-augenoeffner

Second-Life-Strategie: Wie gebrauchte E-Auto-Akkus ein zweites Leben erhalten

Gastbeitrag von Moritz Kopp, Geschäftsführer von Teslabs

Elektromobilität wird oft als eine der Lösungen für einige der drängendsten ökologischen Herausforderungen unserer Zeit gesehen, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel und die Luftverschmutzung in städtischen Gebieten. Doch während viele die Vorteile von Elektrofahrzeugen feiern, rücken die Fragen über den Lebenszyklus ihrer Batterien immer stärker in den Vordergrund. Was passiert mit diesen Energiepaketen, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, ein Auto effizient anzutreiben?

In einer Welt, die sich zunehmend mit den Auswirkungen des Konsums und der Entsorgung auseinandersetzt, bieten sogenannte „Second-Life“-Strategien für E-Auto-Batterien eine spannende Perspektive. Anstatt sie als Abfall zu betrachten, könnten diese Batterien ein zweites Leben beginnen, welches über den eigentlichen Fahrzeugbetrieb hinausgeht. Könnte dies der Schlüssel sein, um den Übergang zur Elektromobilität wirklich nachhaltig zu gestalten?

In diesem Beitrag tauchen wir in die Welt der Second-Life-Batterien ein, untersuchen ihre Potenziale, Herausforderungen und die vielfältigen Anwendungen, die sie in einer zirkulären Wirtschaft bieten könnten. Wie können wir also die Lebensdauer von E-Auto-Batterien verlängern und gleichzeitig einen positiven Einfluss auf unsere Umwelt nehmen?

Second-Life-Strategie – Was ist das?

In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz immer wichtiger werden, taucht ein Begriff immer häufiger auf: die „Second-Life-Strategie“. Aber was bedeutet das konkret und wie wird es im Kontext der Elektromobilität verwendet?

Grundsätzlich bezeichnet die Second-Life-Strategie die Wiederverwendung von Produkten oder ihren Komponenten, nachdem sie ihre ursprüngliche Nutzungsdauer in einem bestimmten Anwendungsbereich abgeschlossen haben. Anstatt sie zu entsorgen, werden diese Produkte oder Teile davon in einem neuen Kontext oder für einen anderen Zweck wiederverwendet. Das Hauptziel ist es, den Lebenszyklus von Produkten zu verlängern und so Ressourcen zu schonen, Abfälle zu reduzieren und die Umweltauswirkungen zu minimieren.

Im Bereich der Elektromobilität bezieht sich die Second-Life-Strategie speziell auf die Batterien von Elektrofahrzeugen. Diese Batterien, die häufig Lithium-Ionen-Batterien sind, haben zwar eine sehr lange, aber dennoch begrenzte Lebensdauer in Fahrzeugen, nach der sie nicht mehr die ursprüngliche Kapazität liefern können, um ein Fahrzeug effizient anzutreiben. Aber auch wenn sie für den Einsatz in Autos nicht mehr geeignet sind, können sie immer noch eine beträchtliche Menge an Energie speichern und abgeben. Dieses Potential kann in anderen Anwendungen genutzt werden, beispielsweise als stationäre Energiespeicher in Haushalten, Unternehmen oder sogar im industriellen Maßstab.

Die Vorteile der Second-Life-Strategie sind vielfältig. Zum einen reduziert sie den Bedarf an Neuproduktion von Batterien und spart so Ressourcen. Zum anderen verringert sie die Menge an Batterieabfällen und damit verbundene Umweltauswirkungen. Zudem kann sie wirtschaftliche Vorteile bieten, da die Kosten für die Wiederverwendung in der Regel niedriger sind als die für die Herstellung neuer Batterien.

Insgesamt bietet die Second-Life-Strategie eine nachhaltige Alternative zur herkömmlichen Wegwerfkultur. Sie eröffnet neue Möglichkeiten, den Wert von Produkten über ihren ursprünglichen Verwendungszweck hinaus zu nutzen und trägt somit zu einer zirkulären Wirtschaft bei, in der Ressourcen maximiert und Abfälle minimiert werden.

Wirtschaftliche Aspekte der Second-Life-Strategie

Neben der Kostenersparnis durch das Recycling bietet die Second-Life-Strategie eine Möglichkeit, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Unternehmen könnten beispielsweise Dienstleistungen rund um die Prüfung, Aufbereitung und den Weiterverkauf von Second-Life-Batterien anbieten. Dies könnte einen neuen Sektor in der Wirtschaft antreiben und zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.

Außerdem könnten Verbraucher finanziell von der Rückgabe ihrer alten Batterien profitieren. Statt Gebühren für die Entsorgung zu zahlen, könnten sie eine Vergütung für ihre noch funktionsfähigen Batterien erhalten, was wiederum den Anreiz erhöht, Batterien zurückzugeben und nicht zu entsorgen.

Die Second-Life-Strategie könnte auch den Wert von Elektroautos über ihre Lebensdauer steigern. Wenn Autobesitzer wissen, dass ihre Batterien nach dem Ende der Nutzungsdauer des Fahrzeugs noch einen Wert haben, könnten sie eher bereit sein, in ein Elektroauto zu investieren.

So arbeitet Renault etwa mit „Connected Energy“ zusammen, um das sogenannte „E-STOR“-System zu entwickeln, das Second-Life-Batterien verwendet, um Elektro-Ladestationen zu unterstützen.

Das E-STOR-System von Connected Energy hat eine Speicherkapazität von 360 kWh. Es setzt sich aus Elektrofahrzeug-Batterien zusammen, die Energie aus erneuerbaren Quellen wie Solaranlagen oder direkt aus dem Stromnetz speichern können. Es lädt sich auf, wenn Energie verfügbar ist und speichert sie für Bedarfsspitzen. Durch die Verwendung von Second-Life-Batterien werden die Preise für neue Elektrofahrzeuge gesenkt und die eingesetzten Ressourcen in den Batterien effizienter genutzt.

Es wird darauf abgezielt, überschüssige Solarenergie zu speichern und die Energiekosten durch Verringerung des Netzstrombezugs in Spitzenzeiten zu reduzieren. Das Energiespeichersystem unterstützt das Netz und ermöglicht zusätzliche Einnahmen durch Netzbalancierungsdienste.

Die Technologie bietet energetische Unabhängigkeit, ermöglicht die effiziente Nutzung erneuerbarer Energien und sorgt für reduzierte Stromkosten durch die Möglichkeit, in Spitzenzeiten Energie zu sparen und Strom zurück ins Netz zu verkaufen.

Auch BMW hat sich schon am Thema „Second Life“ versucht. Die BMW Group UK und Off Grid Energy haben vor wenigen Jahren eine Partnerschaft zur Wiederverwendung von BMW- und MINI-Elektrofahrzeugbatterien als mobile Stromeinheiten eingeleitet. Trotz Ablauf ihrer Autonutzungsdauer behalten diese Batterien nämlich bis zu 80 % ihrer Kapazität. Das erste Prototypengerät mit einer Kapazität von 40 kWh aus einem MINI Electric sollte auf BMW-Veranstaltungen eingesetzt werden.

Die Rolle von Forschung und Entwicklung

Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Batterietechnologie ist von entscheidender Bedeutung. Es gibt Bestrebungen, Batterien zu entwickeln, die länger halten, weniger schädliche Materialien enthalten und am Ende ihres Lebenszyklus leichter zu recyceln sind. Solche Fortschritte könnten die Effektivität der Second-Life-Strategie weiter erhöhen. Bei der aktuellen Entwicklungsgeschwindigkeit in der Batterie-Technologie ist es jedoch fraglich, ob die alten Energiespeicher nicht besser wiederverwertet werden um aus ihren Rohstoffen die jeweils aktuellste Batterie-Speicher-Generation herzustellen.

Mögliche Second-Life-Anwendungen

Für gebrauchte E-Auto-Batterien gibt es eine Reihe von möglichen Second-Life-Anwendungen. Dazu gehören:

  • Stationäre Speicher
  • Energiespeicher für Gebäude
  • Energiespeicher für Industrieanlagen
  • Energiespeicher für Ladestationen
  • Energiespeicher für erneuerbare Energien

In stationären Speichern können gebrauchte E-Auto-Batterien Energie aus erneuerbaren Energien speichern und bei Bedarf wieder abgeben. So können sie dazu beitragen, die Stromversorgung zu stabilisieren und die erneuerbaren Energien zu verbreiten.

Auch für Gebäude und Industrieanlagen sind gebrauchte E-Auto-Batterien als Energiespeicher interessant. Sie können dabei helfen, den Stromverbrauch zu reduzieren und die Energiekosten zu senken.

Zusätzlich können gebrauchte E-Auto-Batterien auch für Ladestationen eingesetzt werden. Sie können dabei helfen, die Ladezeiten zu verkürzen und das Stromnetz zu entlasten.

Herausforderungen der Second-Life-Strategie

Die Second-Life-Strategie ist ein zukunftsorientiertes Konzept zur Verbesserung der Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen. Doch trotz ihrer Vorteile gibt es auch noch Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.

  1. Qualität der gebrauchten Batterien: Für einen erfolgreichen Übergang zu einer Second-Life-Verwendung muss die gebrauchte EV-Batterie bestimmte Qualitätskriterien erfüllen. Das bedeutet, dass die Batterie trotz ihres Alters eine hinreichend hohe Restkapazität behalten muss. Außerdem dürfen während ihrer Lebensdauer im Fahrzeug keine gravierenden Schäden aufgetreten sein, die ihre Funktionsfähigkeit oder Sicherheit beeinträchtigen. Da die Lebensdauer und Leistungsfähigkeit von Batterien durch verschiedene Nutzungsszenarien im Auto beeinflusst wird, kann die Qualität stark variieren.
  2. Fehlende Standards: Der Mangel an einheitlichen Standards erschwert den breiten Einsatz der Second-Life-Strategie. Ohne eine standardisierte Herangehensweise sind Kompatibilitätsprobleme zwischen verschiedenen Batterien und Systemen vorprogrammiert. Die Etablierung gemeinsamer Richtlinien könnte die Effizienz und Sicherheit von Second-Life-Anwendungen erhöhen und gleichzeitig die Entwicklungskosten für Unternehmen senken. Quelle
  3. Technische Komplexität: Batterien aus Fahrzeugen sind in der Regel für sehr spezifische Anforderungen optimiert. Das Batteriemanagementsystem, das in einem Auto eingesetzt wird, ist möglicherweise nicht für stationäre Speicheranwendungen geeignet. Dies erfordert oft umfangreiche technische Anpassungen oder den Austausch bestehender Systeme, um eine optimale Leistung in einer neuen Anwendung sicherzustellen.
  4. Wirtschaftliche Aspekte: Während der Gedanke, Batterien ein zweites Leben zu geben, ökologisch sinnvoll ist, sind die wirtschaftlichen Aspekte komplexer. Die Kosten für die Überprüfung, Aufbereitung und Umrüstung gebrauchter Batterien können je nach Zustand und Technologie erheblich sein. In manchen Fällen könnte das Recycling von Batterien, um wertvolle Materialien zurückzugewinnen, wirtschaftlich attraktiver sein als ihre Weiterverwendung.

Second Life nicht so relevant wie gedacht?

In der aktuellen Diskussion um die Second-Life-Strategie gibt es einige kritische Stimmen, die hinterfragen, ob die Wiederverwendung von Batterien überhaupt sinnvoll ist. Ein Hauptargument dieser Kritiker ist die rasant fortschreitende Entwicklung in der Batterietechnologie. Viele Experten vertreten die Meinung, dass die Innovationszyklen in der Branche so schnell voranschreiten, dass die Lebensdauer von Batterien im Vergleich dazu recht kurz erscheint.

Wenn wir uns die Geschwindigkeit ansehen, mit der neuere und effizientere Batterietechnologien auf den Markt kommen, könnte man argumentieren, dass bis zum Ende der Nutzungsdauer eines Elektroautoakkus bereits weitaus leistungsfähigere und kosteneffizientere Batterietechnologien verfügbar sein könnten. Daher wäre es, so die Argumentation, nicht sinnvoll, ältere Batterien in anderen Anwendungen zu verwenden, wenn sie nicht mehr die neuesten und besten Technologien repräsentieren.

Ein weiterer Punkt ist das Volumen der „alten Batterien“. Wenn Elektrofahrzeuge nicht in dem Maße angenommen werden, wie prognostiziert, oder wenn die Batterien in den Fahrzeugen länger halten als erwartet, könnte es tatsächlich nicht genügend „alte Batterien“ geben, um die Investition in ihre Wiederverwendung zu rechtfertigen. In solch einem Szenario wäre es wahrscheinlich effizienter, die Batterien materialseitig zu recyclen und die gewonnenen Materialien für die Herstellung der neuesten Generation von Akkus zu verwenden.

Das Recycling von Batteriematerialien hat zudem den Vorteil, dass es den Bedarf an Rohstoffen verringert und die Umweltauswirkungen der Rohstoffgewinnung minimiert. Insbesondere bei Materialien wie Lithium, Cobalt oder Nickel, die in begrenzten Mengen verfügbar sind und deren Abbau erhebliche Umwelt- und soziale Auswirkungen haben kann, wäre Recycling eine bevorzugte Option.

Dennoch gibt es Situationen, in denen die Second-Life-Strategie sinnvoll sein kann, insbesondere in Regionen oder Anwendungsfällen, in denen die neueste Batterietechnologie nicht unbedingt erforderlich oder erschwinglich ist. Letztlich hängt die Entscheidung für oder gegen Second Life von vielen Faktoren ab, einschließlich technologischer, wirtschaftlicher und ökologischer Überlegungen.

Fazit

Die Second-Life-Strategie steht im Brennpunkt einer nachhaltigen Entwicklung im Bereich Elektromobilität. Sie bietet nicht nur ökologische Vorteile, indem sie den Rohstoffverbrauch verringert und wertvolle Materialien wieder in den Produktionszyklus zurückführt, sondern schafft auch wirtschaftliche Potenziale für Unternehmen und Konsumenten. Durch neue Geschäftsmodelle können zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und der Wert von Elektrofahrzeugen über ihre Lebensdauer hinweg gesteigert werden.

Initiativen von Branchenführern wie Renault und BMW unterstreichen das Potenzial dieser Strategie. Gleichzeitig betont die Rolle von Forschung und Entwicklung die Notwendigkeit kontinuierlicher Innovation, um die Effektivität und Effizienz von Second-Life-Batterien zu maximieren. Durch Partnerschaften zwischen Industrie und Politik können diese Innovationen gefördert und standardisiert werden, wodurch Unsicherheiten und potenzielle Barrieren abgebaut werden.

In der Zukunft könnten wir eine verstärkte Integration von Second-Life-Batterien in unseren Alltag sehen, von stationären Speichern bis hin zu innovativen Anwendungen in verschiedenen Branchen. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Technologie und einer verstärkten globalen Ausrichtung auf Nachhaltigkeit steht die Second-Life-Strategie vor einer vielversprechenden Zukunft.

Ein Gastbeitrag von Moritz Kopp

Kommentar von Morell Westermann zum Gastbeitrag:

Ich selber zähle mich zu den skeptischen Betrachtern des Potentiales der Second-Life Batterien. Im Hochlauf der e-Mobilität und dem Wandel zu regenerativen Energien werden elektrische Speicherkapazität zwar eine Währung. Ob dabei allerdings die Second-Life-Batterien einen entscheidenden Anteil haben werden, bezweifle ich. Das Volumen der verschiedenen Generationen von Akku-Typen erscheint mir zu klein für den Aufbau eines tragfähigen Geschäftsmodells. Dazu sind die Innovationszyklen aktuell sehr schnell und dabei verbessern sich die Parameter der Batterien so stark, das es mir wertvoller erscheint, die Rohstoffe der alten Batterien wiederzuverwerten und in Batterien der neuesten Generation zu verwandeln, anstatt immer mehr Roh-Materialien zu fördern. Unterstützt wird meine These auch im 3. Tesla Masterplan. In dem Dokument wird beschrieben, wie der Bedarf an Rohmaterialen um den Anteil sinken wird, wenn ~80% der Rohmaterialien aus dem Recycling stammen.

Können wir überhaupt fliegen?

Die e-Flight Challenge 2023 zwischen der Elektra Trainer und dem Lucid Air, von Memmingen nach Norderney an einem Tag, wird vielleicht schon am Dienstag um 06.35 Uhr auf der Startbahn entschieden. Aktuell ist die Wettervorhersage nicht so rosig, oder sagen wir, sie ist in den Karten viel lila/pink. Das ist aber leider nicht die Sonnenscheindauer…

Ich habe mir ein paar Gedanken zur Wettervorhersage und dem Event gemacht, schaut doch mal auf dem Projekt-Blog der e-Flight Challenge vorbei:

Elektrisiertes Fliegen – Ein Erfahrungsbericht von Dr. Mario Herger

Im goldenen Herbst in der Schweiz hatte ich die besondere Ehre, Mario Herger, dem bekannten Zukunftsforscher aus dem Silicon Valley, einen Rundflug im Elektroflugzeug zu ermöglichen.

Mario ist seit Jahren an Trends und Technologien interessiert, beobachtet die Elektrifizierung und die Entwicklung des autonomen Fahrens in Californien sehr genau und war neugierig, was sich im Bereich Luftfahrt entwickelt.

Anbei sein Bericht, der auch auf seinem Blog “Der letzte Führerscheinneuling” erschienen ist:

Mitte Oktober nahm mich der Elektroflugzeug-Weltrekordhalter Morell Westermann in seinem Rekordflieger auf einen kleinen Rundflug über zwei Schweizer Seen mit. Mit dem batterieelektrischen Kleinflugzeug des slowenischen Herstellers Pipistrel demonstrierte er mir den Stand von Elektroflugzeugen. Wie schon bei Elektroautos fällt dieses Vehikel durch die Absenz an Lärm und Vibrationen auf.

Dort wo sich Elektroflugzeuge heute befinden, waren Elektroautos vor 10 Jahren. Und kaum jemand konnte sich damals sich vorstellen, wie verbreitet Elektroautos Ende 2021 sein werden. Tatsächlich waren im Oktober 2021 fast ein Fünftel aller Neuzulassungen in Deutschland batterieelektrische Autos. Wenn sich der Trend so fortsetzt, dann werden ab Mitte 2023(!) die Hälfte aller Neuzulassungen in Deutschland Elektroautos sein. Norwegen ist schon einen Schritt weiter. Dort machen Elektroautos drei Viertel aller Neuzulassungen aus, Benziner und Diesel kommen gemeinsam nur noch mit Mühe auf fünf Prozent. Setzt sich dieser Trend fort, dann werden im Land der Mitternachtssonne im April 2022 die letzten Verbrennungskraftfahrzeuge verkauft. Die Macht von exponentiellen Verläufen bei Technologieadoptionen beweist sich wieder einmal eindrücklich.

Das Geläut der Kuhglocken auf der Weide vor dem Flugplatz Schänis in der gleichnamigen St. Gallener Gemeinde südlich von Zürich ist schon das lauteste Geräusch, das ich die nächste Stunde vernehmen werde. Der Zukunftsforscher und Elektroflugzeug-Weltrekordhalter Morell Westermann hat mich nämlich eingeladen, auf dem Weltrekordflugzeug einen kleinen Rundflug zu unternehmen. Dabei überflogen wir in einer Schleife zuerst südöstlich zum Walensee, und dann über den Zürich- und Obersee, um nach knapp 40 Minuten wieder zu landen.
Das Besondere ist dabei das Flugzeug selbst: es stammt vom slowenischen Kleinflugzeughersteller Pipistrel, der die ersten Elektroflugzeuge produziert. Die Velis Electro ist ein 428 Kilogramm leichter Zweisitzer, deren elektrische Batterie mit einer Kapazität von 24,8 kWh mit einer Kraft von 57,6 kW ein maximales Startgewicht von 600 Kilogramm in die Lüfte bringt. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 108 Knoten (200 km/h) und überbrückt mit dieser Batteriekapazität eine Strecke von 100 Kilometern. Tatsächlich aber könnte durch den Propeller auch rekuperiert werden, wie wir das schon im Elektroauto beim Bremsen und Bergabfahren kennen. Aktuell ist diese Funktion aber noch nicht zugelassen.
Das Auffälligste während des Flugs sind die Stille und das fehlende Vibrieren, die sonst einen Flug dominieren. Diese Eigenschaft des Elektroflugzeugs erlaubt auch den Einsatz der Maschine an Flugplätzen, die für Segelflieger vorgesehen sind und zu Zeiten, in denen Flugverkehr aus Lärmschutzgründen nicht vorgesehen ist. Dieses spezielle Flugzeug wird am Flugplatz Schänis, wo unter den 500 Piloten 350 den Segelfliegerschein haben, vor allem zur Schulung eingesetzt. Damit ist die Maschine vorwiegend für Platzrunden im Einsatz, taugt aber kaum zum Langstreckenflug.
Der Platz in der Maschine selbst ist beengt, dafür bekommt man das Fliegen viel unmittelbarer mit. Man fühlt sich beinahe schon wieder wie die Flugpioniere, die mit Brille und Lederhelm im Offenen saßen. Auch das Instrumentenpanel ist aufgeräumter und übersichtlicher als bei Flugzeugen mit Verbrennungsmotoren. Laut Morell befindet sich die Elektroaviation auf dem Stand, auf dem Elektroautos vor 10 Jahren waren. Von den angestiegenen Investitionen in die Batterieentwicklung für Elektrofahrzeuge profitiert auch die Flugzeugindustrie. Noch gibt es auf dem Fluglatz Schänis, wie auch auf den anderen Flughäfen, noch keine installierten Ladestationen, doch mit den transportablen Ladestationen lassen sich die Flugzeuge schon heute beladen. Im Durchschnitt benötigt der Ladeprozess etwa eine Stunde.
Das Schweizer Wetter jedenfalls war uns wohlgesonnen, und der vorhergesagte Regen und der Wind waren woanders vorbeigezogen.

Wenn ich der Chef von Shell wäre…

Wenn ich der Chef von Shell wäre…

Shell Logo, Quelle Wikipedia

dann würde ich meine hervorragend platzierte Infrastruktur umgehend mit Ladestationen ausstatten. Gar nicht mal nur Supercharger da diese ja aktuell nur von Tesla genutzt werden können. Einfach schöne 22KW Typ2 Ladestationen. Offen für alle Elektrofahrzeuge. Auch ein Tesla kann da übrigens angestöpselt werden. Continue reading “Wenn ich der Chef von Shell wäre…”