Teil 3 – Autonome Fluggeräte

Wann wird die künstliche Intelligenz den Piloten ablösen?

Im Teil 1 der Serie  – „Die Zukunft der Luftfahrt“ – wurde die Auswirkung der Elektrifizierung eines Flugzeuges auf sein Design betrachtet. In Teil 2 wurde beleuchtet, wann der Elektromotor billiger und besser sein wird als der klassische Kolbenantrieb. Mit dem neuen Antrieb ergeben sich dazu noch völlig neue Flugzeugformen, die sich ohne computergestützte Fluglagenregelung nicht in der Luft halten lassen. Damit stellt sich auch die Frage, welche Aufgabe Piloten in der Zukunft haben werden oder wie eine Pilotenausbildung im Jahre 2030 aussehen wird:

Autonomes fliegen

Was, wenn in naher Zukunft nicht nur das Problem des autonomen Fahrens, sondern auch das autonome Fliegen gelöst ist? Egal wie schwierig und komplex ein Problem für Software erscheint: Wenn einmal gelöst ist Software in Sekundenschnelle global auszurollen und jedes System hat in diesem Moment diese übermenschlichen Fähigkeiten. Das ist der gravierende Unterschied zu uns, die wir neue Fähigkeiten mühsam trainieren und unser Wissen nur sehr aufwändig weitergeben können. Dazu hat die Vergangenheit gezeigt, dass Computerprogramme immer komplexere Aufgaben lösen können und ab diesem Moment „übermenschlich“ dominieren. Als Beispiel ist der legendäre Sieg des IBM Watson Computers in die Geschichtsbücher eingegangen: IBM hat damit nicht nur gezeigt gegen menschlichen Jeopardy Spieler gewinnen zu können. Nein, Watson war auch noch 3,2 mal besser, als der weltbeste menschliche Gegner.

Watson and the Jeopardy Challenge, https://www.youtube.com/watch?v=P18EdAKuC1U

Garmin hat mit seinem „Autoland-System“ schon das autonome Fliegen – wenn auch erst eingeschränkt und sozusagen durch die Hintertür des „Notfall-Systems“ in die Fliegerei gebracht. Und ja, das System ist noch teuer, aber das sind alle High-End-Technologien zum Beginn ihres Lebenszyklus.

Was aber, wenn die eVTOL in 5-10 Jahren autonom fliegen – was heißt das für die klassischer Aviatik? Piloten werden inzwischen von Chinesischen Airlines abgeworben um für außerordentlich gute Bezahlung nach Asien zu wechseln. In China hat sich offenbar die Erkenntnis durchgesetzt, dass es bald nicht mehr lohnt eigene Piloten auszubilden, wenn man diese in absehbarer Zeit durch Software ersetzen kann. Ich höre schon den Aufschrei der Leser, aber eine dem Menschen überlegende Technologie hat sich noch immer durchgesetzt, egal wie gross der gesellschaftliche Gegenwind war. Das war schon bei den Webern, der Dampfmaschine und dem Computer im Büroalltag so. Es gibt keinen Grund anzunehmen, warum das nicht auf Fluggeräten oder Verbrennungsmotoren zutreffen sollte.

Die zukünftigen Fly-by-Wire, Stabilisations-Systeme und autonomen Flugsteuerungen werden die grundlegende Frage der Fliegerei aufwerfen: Wofür brauchen wir noch einen Piloten, wenn dieser das Flugzeug ohne seine Assistenzsysteme gar nicht mehr fliegen kann. Das erklärt auch, warum alle ernst zunehmenden „Flugtaxis“ davon ausgehen, zu Ihrem Marktstart 2025 anfangs mit einem Sicherheitspiloten an Board zu starten um dann in den Jahren bis ca 2030 den Flug ohne Piloten im Flugzeug, anfangs ferngesteuert, später voll autonom, anbieten zu können.

Damit müssen wir uns der Frage stellen, ob wir in Zukunft noch Piloten, Air Traffic Controller oder Fluglehrer für einen sicheren Flugbetrieb brauchen werden. Und die Antwort kann konsequent zu Ende gedacht nur „nein“ lauten. Technologie hat immer Arbeitsplätze ersetzt, aber Daedalean.ai und die oben genannten Projekte sind dennoch ein gutes Beispiel dafür, warum neue Technologien, in diesem Fall die Entwicklung von künstlicher Intelligenz, im ersten Schritt keine Arbeitsplätze vernichten, sondern gar neue schaffen: Das Schweizer Team aus dem Umfeld von Maschine Learning, Big Data, AI und Aviatik hat sich zur Aufgabe gemacht, ein autonomes Flugsteuerungssystem zu entwickeln. Es würde mich nicht überraschen, wenn die zukünftige Software für die Lilium‘s und Volocopter‘s dieser Welt aus Zürich kommen würde und dabei der Luftverkehr sicherer und effizienter abgewickelt werden würde.

Autonome Flugtaxis werden sich rechnen

Erst die autonomen Fluggeräte werden den betriebswirtschaftlichen Durchbruch für die sich am Horizont abzeichnenden Geschäftsmodelle von Uber Air, Volocopter, Lilium und Co bedeuten. Der Business Case für einen 4+1-Sitzer wird direkt um 20% attraktiver, wenn der Pilot nicht noch Gewicht und Gehalt kostet, sondern der Platz mit der besten Aussicht „verkauft“ werden kann. So ist es auch einleuchtend, das z.B. Volocopter mit einer Cargo-Drohne in das eVTOL-Geschäft starten wird. Damit wird der lange Weg zur Zulassung für Erfahrungen mit dem Fluggerät, der Software und dem Betrieb genutzt, bevor das „Lufttaxi“ in den Megacities wie Sao Paulo, Shangai oder Mumbai zwischen 2025 und 2030 Realität wird. Zu diesem Zeitpunkt werden etwa 60% der Weltbevölkerung in sogenannten Megacities (Städte mit mehr als 10 Mio Einwohnern) leben. Um die Zahl 10 Mio besser greifbar zu machen: Das sind mehr Einwohner in einer einzigen Stadt, als die Schweiz Einwohner 2040 haben wird.

Profitiert die Schweiz von den Lufttaxis?

Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings auch, das wir in der Schweiz voraussichtlich nicht die ersten Nutzer dieser neuen, aufregenden Form der Mobilität sein werden. Uns fehlen einfach die Mega-Staus, die diese Megacities mit sich bringen und das hat ja auch was Gutes.

Wohl aber können wir von der Entwicklung profitieren, in dem wir entlegene Gebiete leichter erreichbar machen, unsere für klassische Verkehrsmittel herausfordernde Topografie mit eVTOLS einfacher erschliessen können und damit den Tourismus fördern aber auch der Verstädterung entgegenwirken können: Warum sollte man in der Stadt wohnen, wenn das eVTOL mit dem «Voloport» im Glarnerland Zürich in ca 15 min Flugzeit erreichen kann.

Wir können in der Schweiz mit unseren exzellenten Forschungseinrichtungen und unserer ingenieurswissenschaftlichen Kreativität eine führende Rolle bei der Entwicklung der eVTOL Industrie einnehmen. Einige spannende Projekte in diesem Bereich haben wir auch in der Schweiz, auf die wir stolz sein können!

Einfache Wirtschaftsförderung

Stellen wir uns vor, wir würden innovativen Firmen und Startups ein Umfeld bieten, in denen sie schnell lernen, experimentieren und wachsen könnten. Stellen wir uns vor, wir hätten eine dedizierte Stelle für experimentelle Fluggeräte im BAZL, die sich auf die Entwicklungen im Bereich eVTOL spezialisieren und eine speditive Beantwortung der Anfragen sicherstellen würden. Wenn wir jetzt noch einen Bereich im Luftraum auszonen würden, in dem wir solche Fluggeräte testen, würden wir die Grundlage schaffen, die weltweit besten Köpfe aus diesem Bereich in die Schweiz zu ziehen. Wir würden neue Arbeitsplätze in Zukunftsreichen schaffen, die Bereich Software, Digitalisierung, IoT und Mobilität zusammenbringen, und neben dem Krypto-valley in Zug und dem Drone Valley in Lausanne noch das eVTOL-Valley finden und die Schweiz zum Leitmarkt für eVTOL Entwicklung zu machen. Warum sollte das in Kalifornien oder in China passieren? Wir haben alles hier vor Ort. Wir sollten den Mut haben und die Chance ergreifen, über 215 Firmen weltweit schlafen nicht.

Das richtige Mindset

Mit dem richtigen Mindset ist diese Technologie, die noch am Anfang ihres Lebenszyklus steht, eine grosse Chance für die Schweiz, die Fliegerei, die Piloten, die Menschen. Es wird schnell gehen – und wer die Artikelserie verfolgt hat, hat einen Eindruck davon bekommen, wie schnell: Vom Wright Flyer 1903 bis zur ersten Boing 747 sind gerade einmal 66 Jahre vergangen. Mit der heutigen Technologie werden solche Entwicklungssprünge nur noch schneller gehen:

Die Mobilität wird elektrisch und 3-dimensional, die Luftfahrt wird elektrisch und so werden wir einfacher reisen können, werden vernetzter sein und dabei nachhaltige Wirtschaftssysteme entwickeln. Wir sehen uns in der Zukunft!

Weiterführende Literatur

Wer jetzt richtig neugierig geworden ist und noch tiefer in das Thema einsteigen möchte, dem sind folgende, Studien zu dem Thema empfohlen:

Wer einmal selber elektrisch fliegen möchte, meldet sich bei der 1. Elektroflugschule der Schweiz

Wer mit mir über diese Themen diskutieren möchte, kann mich gerne zu einem Vortrag in seinem Umfeld einladen oder mich via LinkedIn, Twitter kontaktieren.

Wer noch tiefer in das Thema einsteigen möchte:

Podcast CLEANELECTRIC

Podcast Audiodump

 

 

In beiden Podcasts sind kurzweilige und knackige 3-4h Episoden entstanden. Ein Glück, das Internet hat ja Platz. Ganz im Gegensatz zum Fernsehen, bei dem es gerade mal ein paar Minuten-Beiträge geworden sind:

Die Zukunft der Luftfahrt im Schweizer Fernsehen (klick auf das Bild)

SRF “10 vor 10”

SRF Tagesschau

Dieser Artikel ist zu erst bei der Zeitschrift Cockpit erschienen, wer die nächsten Artikel in der Serie per Newsletter erhalten möchte klickt hier:

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